Autor: Kurt Schauer
Der Arbeitgebermarkt hat sich im Verlaufe der letzten Jahre zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt. Konnten sich die Arbeitgeber früher aus einem Pool an qualifizierten Mitarbeitern diejenigen aussuchen, die am ehesten ihren Vorstellungen entsprachen, hat sich dieses Verhältnis mittlerweile umgekehrt. Heute sind es die Arbeitnehmer, die sich Unternehmen aussuchen, mit denen sie sich am ehesten identifizieren können und die in Bezug auf Arbeitgeberattraktivität am meisten punkten.
Eine steigende Anzahl an Unternehmen sind heute mit dem zunehmenden Fachkräftemangel konfrontiert. Unternehmen versuchen mit dem Employer Branding auf sich aufmerksam zu machen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Die Entwicklung geht mittlerweile sogar in die Richtung, dass sich die Unternehmen bei den Mitarbeitern bewerben. Was das Reverse Recruiting ist und aus welchen Bestandteilen es besteht, soll an dieser Stelle genauer erläutert werden.
Der Begriff Reverse Recruiting bedeutet übersetzt etwa „umgekehrtes Bewerbungsverfahren.“ Wie der Begriff bereits andeutet, sind es in diesem Fall nicht mehr die Bewerber, die auf Unternehmen zugehen und sich um eine Stelle bewerben, sondern es sind Unternehmen, die sich bei potenziellen Mitarbeitern bewerben. Dieser Trend erweist sich als sehr erfolgreich, da Unternehmen auf diese Weise gezielt ihre Wunschkandidaten ansprechen und für sich gewinnen können.
Die Vorgehensweise zwischen beiden Varianten ähnelt sich sehr stark. Bei beiden Methoden geht der erste Schritt vom Arbeitgeber aus.
Das bekannteste Verfahren ist das klassische Bewerbungsverfahren. Das bedeutet: Auf eine ausgeschriebene Stelle bewerben sich potenzielle Kandidaten, die Interesse an dem Jobangebot zum Ausdruck bringen. Es folgt die Sichtung der Bewerbungsunterlagen und das Führen von Vorstellungsgesprächen. Zum Schluss ist es der Arbeitgeber, der über die Einstellung im jeweiligen Unternehmen entscheidet.
Anders sieht das Ganze im Reverse Recruiting aus. Sämtliche Schritte, die im klassischen Bewerbungsverfahren vom Bewerber durchgeführt werden, liegen nun beim Unternehmen. Mit zahlreichen Informationen erstellt das Unternehmen eine Bewerbungsmappe und bewirbt sich bei potenziellen Kandidaten.
Für diese Zwecke wurden sogar spezielle Plattformen ins Leben gerufen. Die Unternehmen haben dort die Möglichkeit, ein eigenes Profil anzulegen und sämtliche Informationen und Qualifikationen zu hinterlegen. Die potenziellen Kandidaten können ihr Profil wiederum mit vielfältigen Daten, Erfahrungen, Qualifikationen und Wünschen anlegen. So können die Kandidaten Angaben zum Gehalt, zur Arbeitszeit und den Leistungen machen, die sie von Unternehmen erwarten. Passen diese Informationen zu den jeweiligen Unternehmen, kommen diese auf die Kandidaten zu und es erfolgt eine Kontaktaufnahme.
Viele dieser Plattformen verfügen darüber hinaus über bestimmte Einstellungen, die eine gezielte Kontaktaufnahme vereinfachen. Hier können von den Kandidaten auch Einstellungen vorgenommen werden, wodurch eine Kontaktaufnahme von bestimmten Unternehmen verhindert wird. So können bestimmte Unternehmen von vornherein ausgeschlossen werden.
Hat ein Kandidat das Interesse des Unternehmens geweckt, kann der Bewerbungsprozess in die Wege geleitet werden. Dem potenziellen Kandidaten werden dann ausführliche Informationen in Bezug auf die zu vergebene Stelle übermittelt. Diese Daten, Informationen oder genauere Hintergründe können entweder per Mail übermittelt werden oder den „Bewerben“-Button, der auf vielen dieser Plattformen vorhanden ist. Es ist damit der gleiche Prozess, wie wenn sich Kandidaten auf eine interessante Stelle bewerben, nur mit dem Unterschied, dass die Kontaktaufnahme vom Unternehmen initiiert wird.
Bei der Kontaktaufnahme sollte das Unternehmen genau überlegen, wie es vorgeht. Es geht darum, die Arbeitgeberattraktivität nach außen hin zu vermarkten. Der Bewerber muss von den Qualifikationen der Firmenkultur, den Werten und Leistungen überzeugt werden. Schlussendlich sollte sich der Bewerber mit dem jeweiligen Unternehmen identifizieren können.
Es ist mittlerweile eine Tatsache, dass sich Bewerber nicht mehr für ein Unternehmen entscheiden, wenn ein attraktives Gehalt geboten wird und Herausforderungen an der Tagesordnung stehen. Heute geht es um wesentlich mehr. Ein Unternehmen, welches seinen Mitarbeitern neben einem attraktiven Gehalt auch sachbezogene Leistungen bietet, Weiterbildungen und Aufstiegschancen in Aussicht stellt und sich bestimmten Werten verpflichtet hat einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Darüber hinaus kommt es auch darauf an, wie diese Informationen vermarktet werden.
Das Anschreiben stellt einen wesentlichen Grundstein dar, um sich erfolgreich bei einem Unternehmen bewerben zu können. Im Reverse Recruiting ist dieser Aspekt ebenfalls von besonderer Bedeutung. Unternehmen sollten Abstand davon nehmen, irgendwelche Massenmails zu verfassen und diese dann einer großen Anzahl an Kandidaten zukommen zu lassen. Ein individuelles Anschreiben für jeden potenziellen Kandidaten ist eine unabdingbare Voraussetzung. Bei Massenmails hingegen besteht die Gefahr, dass der Kandidat befürchtet, dass es dem Unternehmen nicht so wichtig ist, welcher Kandidat nun eingestellt wird. Entsteht der Eindruck das Interesse des Unternehmens ist sehr gering, könnte die Befürchtung entstehen, dass dies auch im Arbeitsalltag der Fall sein wird. Das Resultat wäre, dass der potenzielle Kandidat kein Interesse an dem Unternehmen bekundet.
Bei dem individuellen Anschreiben kommt es darauf an, auf die individuellen Voraussetzungen des jeweiligen Kandidaten einzugehen. Der Arbeitgeber nimmt quasi Bezug auf die Qualifikationen und Erfahrungen des Unternehmens und setzt diese in Zusammenhang mit den eigenen Erwartungen und Wünschen. Auch das zu erwartende Gehalt, Sozialleistungen oder sachbezogene Leistungen sollten bereits im Anschreiben erwähnt werden, um das Interesse des Kandidaten zu wecken. Je ausführlicher dieses Anschreiben gestaltet wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, eine Rückmeldung zu erhalten.
Eine klassische Stellenanzeige ist genau aus diesem Grund nicht mehr ausreichend. In den sozialen Netzwerken lässt sich das sehr gut erkennen: Es werden einfallsreiche Videos eingestellt, um das Interesse von Kandidaten zu wecken. Oft wird in diesen Prozess die Stammbelegschaft miteingebunden. Auch bei der Kontaktaufnahme sollten diese Informationen und das Video-bzw. das Bildmaterial nicht fehlen. Besitzen die Unternehmen bereits solche Employer Branding Stellenanzeigen, sollten diese auf jeden Fall in die Bewerbung miteingebunden werden. Allein dieser Link reicht an dieser Stelle natürlich nicht, um einen Kandidaten überzeugen zu können. Bewirbt sich ein potenzieller Kandidat bei einem Unternehmen, wird dieser natürlich nicht ausschließlich seine Erfahrungen auflisten, seine Qualifikationen hervorheben und Nachweise einfügen.
Auf dem Markt gibt es mittlerweile viele verschiedene Plattformen, wo Arbeitgeber und Arbeitnehmer zueinander geführt werden können. Zu diesen Plattformen zählt beispielsweise Honeypot, – eine Plattform, die in Berlin ins Leben gerufen worden ist. Hier ist es möglich, die Profile zu hinterlegen, Einstellungen vorzunehmen, um möglichst gute Übereinstimmungen zu erreichen. Neben diesen Plattformen bieten sich natürlich auch die Social-Media-Plattformen an, um auf potenzielle Kandidaten zuzugehen.
Besonders die Business-Plattformen wie Xing und LinkedIn haben sich in der Vergangenheit durchaus erfolgreich bewiesen. Auf diesen Plattformen können die Kandidaten ein Profil anlegen mit sämtlichen Erfahrungen, Wünschen und Qualifikationen. Nicht umsonst werden diese Plattformen gerne von Headhuntern benutzt, um geeignete Kandidaten für Unternehmen ausfindig zu machen. Auch Unternehmen haben damit die Möglichkeit potenzielle Kandidaten direkt anzusprechen, wenn sie zur Unternehmenskultur passen.
Wie bei der Kundenakquise kommt es auch im Recruiting auf das Marketing an. Bevor überhaupt eine Kontaktaufnahme erfolgt oder potenzielle Kandidaten ausgesucht werden, müssen sich Unternehmen detailliert mit der Zielgruppe auseinandersetzen. Sie brauchen ein genaues Bild von ihrem Wunschkandidaten, um später gezielt auf Bewerber zugehen zu können. Sie als Unternehmen sollten sich dabei immer fragen: Was sollte der Kandidat für Qualifikationen mitbringen? Was besitzt dieser für eine Persönlichkeit? Welche Werte und Vorstellungen hat der Kandidat im Leben und wie bringt er diese im Arbeitsalltag ein? Welche Bedürfnisse haben Ihre Zielgruppe (flexible Arbeitszeiten, Work-Life-Balance, Nachhaltigkeit)? Gerade in Bezug auf das Employer-Branding werden folgende Aspekte immer wichtiger:
Der Arbeitgebermarkt hat sich zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt. Damit sind für viele Unternehmen große Herausforderungen entstanden. Besonders der Fachkräftemangel stellt eine große Problematik für Unternehmen dar. Um diesem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist ein neuer Trend entstanden- das Reverse Recruiting.
Nicht mehr die Arbeitnehmer bewerben sich auf ausgeschriebene Stellen, sondern die Unternehmen gehen aktiv auf potenzielle Kandidaten zu und bewerben sich praktisch bei den Fachkräften. Zu diesem Zweck wurden zahlreiche Plattformen ins Leben gerufen, die diesen Prozess erleichtern sollen. Auch die sozialen Plattformen eigenen sich, um möglichst gute Übereinstimmungen zu erreichen.
Ein Recruiting Funnel eignet sich zb. besonders gut um junge Zielgruppen auf den sozialen Plattformen zu erreichen. Weitere Informationen zu Mitarbeiter-Funnel können Sie hier nachlesen oder im Blogbeitrag unter „Recruiting Funnel“ finden.